Auf Borkum rumpelt seit 1887 die außergewöhnliche 900 mm-spurige Kleinbahn zwischen der Reede am südlichen Inselende und dem Inselort. Sie ist die älteste der ostfriesischen Inselbahnen und kann auf eine bewegte Vergangenheit zurückblicken, wobei heute neben dem Planverkehr zwischen Inselort und der Reede auch ein interessanter touristisch orientierter Betrieb mit historischen Fahrzeugen durchgeführt wird.
Nach umfangreichen Investitionen im Jahre 2007, die auf einer eigenen Unterseite besonders vorgestellt werden, steht die Borkumer Kleinbahn mit einem gut ausgebauten zweigleisigen Streckennetz und einem großen Fuhrpark trotz automobiler Konkurrenz gut im Geschäft.
Die wichtigsten Eckdaten der Geschichte der Borkumer Kleinbahn sind in der nachfolgenden Zeittafel aufgeführt. Über Ergänzungen und Korrekturen freuen wir uns immer.
01.05.1879 | Bau und Nutzung einer schmalspurigen Pferdebahn für Materialtransport von der östlichen Einbuchtung der Insel zur Baustelle des »Neuen Leuchtturms«, der nach dem Brand des alten Turms vordringlich gebaut werden musste. Die Trasse ist mit der heutigen teilweise identisch. |
22.06.1883 | Planung und Vertragsabschluss für den Bau eines festen und tideunabhängigen Anlegers auf Borkum durch den Emder Magistrat, um die gefahrvolle und umständliche Anlandung auf der Insel abzuschaffen. Gleichzeitig Planung zum Bau einer Inselbahn unter größtmöglicher Einbeziehung der vorhandenen Pferdematerialbahn. |
30.07.1885 | Konzessionierung für Bau und Betrieb einer öffentlichen Pferdebahn zwischen Ort und einer immer noch zu erstellenden Landungsbrücke. Im September 1887 muss diese wegen Verzögerungen verlängert werden. Die Bauarbeiten laufen zu diesem Zeitpunkt auf Hochtouren. Die Kosten belaufen sich auf 585.000 Mark. |
15.06.1888 | Inbetriebnahme der Eisenbahn im öffentlichen Verkehr durch die Firma Habich & Goth mit den beiden Baulokomotiven Moritz und Melitta. Die Strecke verläuft vier Kilometer durch das offene Watt und vier Kilometer über die Dünen zum neuen Bahnhof in Ortsmitte. Daraufhin rasche Entwicklung zur Lebensader Borkums, verbunden mit hohen jährlichen Zuwachsraten im Personen- und Güterverkehr. |
Sommer 1888 | Fertigstellung eines repräsentativen Empfangsgebäudes. |
22.12.1894 | Schwere Sturmflut mit völliger Zerstörung der Wattstrecke in der Nähe der Landungsbrücke. Wiederaufbau im Frühjahr 1895. |
01.1896 | Erneute Sturmflut mit Teilzerstörung der Wattstrecke, die daraufhin einen zweiten Pfahljochabschnitt erhält. |
1899 | Bau eines massiven Lokschuppens. |
23.09.1903 | Gründung der »Borkumer Kleinbahn und Dampfschiffahrt Aktiengesellschaft« mit Sitz in Emden, nachdem das unternehmerische Risiko für Habich & Goth und das öffentliche Interesse zu groß werden. Übernahme des Eisenbahn- und Hafenbetriebes der Firma Habich & Goth. Die Aktien-Gesellschaft »Ems« (später schlicht »AG Ems«) wird Hauptaktionär. Neue Konzessionierung durch den Auricher Regierungspräsidenten am 28.10.1903. |
1902 oder 1908? | Kaiser Wilhelm verleiht der Insel Borkum den Status einer Seefestung. Bedingt durch den Bau von Geschützstellungen, Bunkern und Baracken im Ostteil der Insel, wird die Borkumer Kleinbahn durch die Marine stark in Anspruch genommen. Die Strecke wird zweigleisig ausgebaut. |
1914-1918 | Während des Ersten Weltkrieges ist Borkum militärisches Sperrgebiet und für Badegäste nicht mehr zugänglich. Die Kleinbahn wird durch die Marine bis an ihre Kapazitätsgrenze belastet. |
1929 | Verlängerung der Kleinbahn-Strecke über die Strandpromenade hinaus. |
1938 | Bau des »Neuen Hafens« durch Aufspülungen und Bau einer Betonstraße parallel zu den Gleisen ausschließlich für militärische Zwecke. Starke Inanspruchnahme der Bahnanlagen wegen des Festungsbaus. Während das eigentliche Streckengleis 11,4 Kilometer lang ist, erreicht das Gesamtnetz der Insel durch die zahlreichen Marineanschlüsse ganze 45 km Länge. Eine lange Strecke in das Ostland Borkums entsteht, sechs Loks sind im Einsatz. |
05.08.1944 | Während schwerer Bombenangriffe kommen Lokführer und Heizer auf der Dampflok Leer ums Leben. Die Bahnanlagen werden sehr schwer in Mitleidenschaft gezogen. |
04.1946 | Erneute Betriebsaufnahme der Inselkleinbahn nach dem Zweiten Weltkrieg. Durch die Freigabe der Betonstraße für zivile Zwecke entsteht starker Konkurrenzdruck durch den Straßenverkehr, dadurch wirtschaftlicher Niedergang des Bahnbetriebes in den Folgejahren. |
1960 | Einstellung des Schienenpersonenverkehrs während der Wintermonate. Der Verkehr wird mit eigenem Omnibus der Kleinbahn abgewickelt. |
02.1962 | Völlige Zerstörung eines großen Teiles der Gleisanlagen durch die bekannte Februars-Sturmflut, der Bahnbetrieb liegt länger still. Verlegung der Güterabfertigung vom Ort zum Hafen und Neubau eines Güterschuppens. |
01.01.1964 | Umwandlung der BKuD in eine GmbH, Hauptgesellschafter ist die AG Ems. Beginn des Klein- und Großbehälterumschlages. Der bisher von der Kleinbahn gebaute und unterhaltene Schutzwall entlang der Wattstrecke wird von der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung übernommen und zum Deich ausgebaut. |
31.12.1967 | Der öffentliche Güterverkehr auf der Schiene wird eingestellt, stattdessen im Roll-on-Roll-off-Verfahren das Frachtgut über die Straße transportiert. Mit dem Einsatz neuer Fähren zu diesem Zweck wird auch ein Autofährdienst zwischen Emden und Borkum eingerichtet. |
06.1968 | Achtzigjähriges Bestehen der Kleinbahn. Lok Borkum wird erneut angeheizt und befährt den verbliebenen Rest der ehemaligen Strandbahn, die kurz darauf abgebaut wird. |
1979 | Ein Investitionsplan in Höhe von rd. 10 Millionen DM wird beschlossen, verteilt auf 10 Jahre, zum Erhalt eines rationellen Schienenbetriebes. Noch im gleichen Jahr beginnt die Sanierung des Oberbaus, im darauffolgenden die Arbeiten für eine neue Werkstatt, die den alten Betriebshof ersetzte. |
1987 | Erneuerung des Streckengleises von der Reede zum Inselort. Darauf wird 1989 aus Einsparungsgründen das andere Streckengleis zwischen km 2,7 und km 6,9 stillgelegt und abgebaut. |
1990 | Bau eines neuen Empfangs- und Verwaltungsgebäudes im Ort neben dem alten von 1893, das daraufhin zur Ladenpassage ausgebaut wird. |
1993 | Die eingleisige Betriebsführung hat sich nicht bewährt. Das zweite Streckengleis wird mit schwerem Profil wieder neu aufgebaut, gleichzeitig wird auch das bestehende, restliche Streckenstück rundum erneuert und anschließend für 50 km/h Höchstgeschwindigkeit zugelassen. |
11.1993 | Die Kleinbahntrasse und der historische Fahrzeugpark werden vom Institut für Denkmalpflege Hannover als erstes mobiles Kulturdenkmal in Niedersachsen eingestuft. |
25.03.1994 | Inbetriebnahme zweier neuer Zuggarnituren mit jeweils acht Personenwagen sowie dreier neuer Schöma-Loks (Hannover, Berlin, Münster) als Zugmaschinen. Die Wagen haben erstmalig durchgehende Druckluftbremse und sind für 50 km/h zugelassen. Gleichzeitig wird die Betriebsruhe im Winter aufgehoben. |
25.03.1997 | Wiederinbetriebnahme der Dampflok Borkum (ex Dollart) für historischen Nostalgiezugverkehr auf Borkum. Bis 1998 wird auch der Wismar-Schienenbus T 1 aufgearbeitet und wieder in Betrieb genommen. |
16.04.2007 | Um das Umsetzen an der Reede vor allem bei starkem Fahrgastandrang zu vermeiden, wird bei Schöma eine vierte Neubaulok gebaut und an diesem Datum auf den Namen Aurich getauft. |
26.07.2007 | Offiziell wird der Wendezugbetrieb auf Borkum aufgenommen. Dabei steht nun jeweils eine Lok an jedem Zugende, um besagtes Umsetzen zu ersparen. In der Praxis wird dies nur zögerlich umgesetzt. |
04.09.2007 | Beginn der Streckenerneuerung des Gleises 2 zwischen der Reede und dem Ortsbahnhof. Dabei wird das Gleis komplett entfernt und durch ein neues mit Schotterbettung und Betonschwellen ersetzt. Teilweise wird eine »feste Fahrbahn« verbaut. |
15.06.2013 | Die Borkumer Kleinbahn feiert ihr 125-jähriges Bestehen mit einem großen Festakt, Sonderfahrten und historischem Schiffsverkehr |
06.01.2014 |
• Schweers: Die Borkumer Kleinbahn und die Schiffe der A.G. "Ems". Aachen 1998 u. 2007. In einem dreieinhalbmonatigen Kraftakt wird das Streckengleis 1 (Bahnhof -> Reede) rundum erneuert. Die Holzschwellen in der Sandbettung werden dabei durch rund 9000 Betonschwellen ersetzt, die seit Herbst 2013 auf die Insel geliefert werden. Die Bauarbeiten finden offiziell am 03.04.2014 ihren Abschluss.• Aufzeichnungen und Berichte von Jann Meeuw, Michael Schumann, Jens Grünebaum, Sven Ackermann, eigene Beobachtungen. |